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Von der Landwirtschaft

Torsten Thees

Technisierung im Schiffbau, aufblühender Welthandel, Massenumschlag und immer kürzere Fahrtzeiten der Frachtschiffe bescherten - indirekt - der Landwirtschaft im 19. Jahrhundert riesige Probleme und führten zu enormen Schäden.

 

 

  • Im Spätsommer des Jahres 1881 wurde in Bremerhaven ein vermutlich von einem Schiffspassagier aus Amerika eingeschlepptes winziges Tierchen entdeckt, das die Behörden in hellste Aufregung versetzte und sofortige Gegenmaßnahmen verlangte: Der Kolorado-Käfer, besser bekannt als Kartoffelkäfer.

     

    Zuerst 1875 wurden die europäischen Staaten überhaupt auf die Gefahren des Kartoffelkäfers durch den eidgenössischen Naturforscher J.J. von Tschudi aufmerksam gemacht. Bis dahin hatte sich der in Amerika heimische und damals seit 50 Jahren bekannte Schädling von den Rocky Mountains quer durch Amerika ‘gefressen’, ein Bild der Verwüstung hinter sich gelassen, und war bis in die Hafenstädte des amerikanischen Ostens vorgedrungen.

     

    (Das man von Tschudis Bericht überhaupt größere Aufmerksamkeit schenkte, dürfte einem anderen Schadinsekt zu ‘verdanken’ sein, das um 1860 ebenfalls aus Amerika nach Europa eingeschleppt wurde: Die Reblaus vernichtete seitdem innerhalb von zwei Jahrzehnten 80% der französischen Rebfläche. Sie wurde 1874 zum erstenmal in Deutschland bemerkt.)

     

    Die meisten europäischen Staaten reagierten dann entsprechend mit einem generellen Einfuhr-Verbot für amerikanische Kartoffeln. Vergeblich: Im Jahre 1877 trat der Käfer sowohl in der Nähe von Mühlheim am Rhein als auch bei Torgau auf. Seitens der preußischen Regierung wurden sofort scharfe Maßnahmen angeordnet und man hielt den Käfer und seine Brut zunächst für vertilgt.
    Wie der Bremerhavener Fund bereits vermuten ließ, war der ‘Siegeszug’ des Käfers nicht dauerhaft aufzuhalten: 1882 wurden im Hamburger Hafen Schädlinge entdeckt, 1888 erneut bei Torgau.
    Die Schwierigkeiten der Eindämmung zeigen sich auch im äußerst aufwendigen Bekämpfungsmittel, daß um 1900 noch als ‘sicherstes’ gepriesen wurde: Absuchen der Käfer, Eier und Larven von dem Kartoffelkraut auf den heimgesuchten Äckern, Umgeben der betreffenden Stellen mit einem steil- und glattwandigen Graben, Besprengen der Grabenränder und des Krautes mit rohem Benzol, Abschneiden des Krautes und Einstampfen desselben in die Erde, Umgraben des von dem Graben umgrenzten Ackerstücks auf 25cm Tiefe, sorgfältiges Durchsuchen des Ackers nach Puppen und schließliches Besprengen des umgegrabenen Landes mit Benzol.

     

    1922 nahm eine regelrechte Invasion von Frankreich ausgehend ihren Anfang, die ganz Mitteleuropa mit dem Schädling besiedelte.
    Bis lange nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gehörte das Absuchen der Kartoffelfelder nach den Käfern zum gewohnten Bild in der Landwirtschaft, ehe moderne Insektizide erfolgreich gegen den Schädling eingesetzt wurden.